Eines der schlimmsten Momente die man als Rechtsanwalt vor Gericht erleben muss, sind fehlerhafte Übersetzungen während eines Gerichtsverfahrens. Im Laufe eines Zivilverfahrens sind Korrekturen jederzeit möglich, indem man diese mündlich zu Protokoll erklärt und auch anschließend hat man die Gelegenheit das Verhandlungsprotokoll zu korrigieren. Zivilprozesse laufen auch blutdruckfreundlicher ab als Strafverfahren oder Verhandlungen vor Verwaltungsgerichten.
Ziemlich schlimm ist es aber wenn es auf jedes feinste Detail ankommt. So auch kürzlich in einem Verfahren wegen einem Drogendelikt im Landesgericht für Strafsachen Wien. Auf die Frage der sehr erfahrenen Richterin, ob neben der beim Angeklagten gefundenen Drogen auch welche verkauft wurden, übersetzte die Dolmetscherin: Haben Sie von den bei Ihnen gefundenen Drogen auch etwas verkauft?
Die logische Replik des Angeklagten war, dass von der polizeilich sichergestellten Menge selbstverständlich nichts verkauft wurde. Seine einzig mögliche und richtige Antwort: Nein, davon habe ich nichts verkauft, wie denn auch, ich wurde ja sofort verhaftet, als die Drogen bei mir gefunden wurden. Die Verwirrung war perfekt und der gordische Knoten wurde erst nach Minuten aufgelöst, als ich die Übersetzung rügte. Die Dolmetscherin warf mir noch einige giftige Blicke zu, aber mir war nur wichtig, dass mein Mandant letztendlich ein mildes Urteil bekommen hat.
In einem anderen Fall konnte bei einer Zeugenbefragung der Dolmetscher die Begriffe Revolver und Pistole nicht richtig übersetzen, obwohl gerade diese Unterscheidung entscheidend war, ob der Angeklagte verurteilt wird oder nicht.
In meiner Praxis habe ich in keiner einzigen Verhandlung erlebt, dass die Begriffe Unschuldsvermutung, Diversion, Widerruf der bedingten Strafnachsicht, bedingtes Urteil, Protokollberichtigung, Opfervertreter, kontradiktorische Vernehmung, Probezeit und Bewährungshilfe korrekt übersetzt werden. Auch Umschreibungen dieser Begriffe scheitern, da viele Dolmetscher leider nicht einmal die deutsche Bedeutung kennen.
Viele Strafverfahren enden mit einer Diversion; es ist für mich schmerzhaft, wie dieser Rechtsbegriff rückübersetzt und umschrieben wird.
Es sind Kleinigkeiten, die über Schuld oder Unschuld eines Menschen entscheiden und gerade bei Gerichtsdolmetschern sollte man eine Zusatzausbildung überlegen, in welchem Rechtsbegriffe erklärt und deren fehlerfreie Übersetzung geschult werden müssen.